Blanka Radoczy Regie Bühne

Der Würgeengel

Frei nach dem Film von Luis Buñuel

Theater Freiburg

 

Regie und Bühne: Blanka Rádóczy

Bühne und Kostüme: Andrea Simeon

Komposition: Elia Rediger

Dramaturgie: Anna Gojer

 

Mit Tim Al-Windawe, Angela Falkenhan, Marieke Kregel, Henry Meyer, Stefanie Mrachacz, Janina Staub, Michael Witte

 

Eine geschlossene Gesellschaft feiert nach einem Opernbesuch eine Party. Es wird spät, alle beschließen über Nacht zu bleiben. Als es am nächsten Morgen Zeit wird für den Aufbruch, stellt sich dieser als unmöglich heraus. Niemand schafft es den Raum zu verlassen, obwohl Türen und Fenster offen stehen. Eine unsichtbare Gewalt scheint sie zurückzuhalten und mit jeder Minute in dieser unerklärlichen Gefangenschaft spitzt sich die Situation zu: Nerven reißen, Masken fallen, Anstand und Moral gehen in einem unerbittlichen Kampf ums Überleben verloren. Schließlich gelingt es der Gruppe in einer letzten gemeinsamen Willensanstrengung aus diesem „falschen“ Film und damit aus der unfreiwilligen Klausur auszubrechen. Ob die wiedergewonnene Freiheit wohl von Dauer ist?

 

"Es ist eine Ensembleleistung im engen Verständnis des Wortes, und in Freiburg gewinnt sie durch die Homogenität und das hohe schauspielerische Niveau der Schauspieler und Schauspielerinnen."

 

"Schon bei Buñuel werden Sequenzen wiederholt (sein Kameramann hielt das für einen unbeabsichtigten Fehler bei der Montage). Rádóczy verstärkt dieses Stilmittel. Die Wiederholung bedeutet auf der semantischen Ebene zwanghaftes Handeln und ist zugleich ein künstlerisches Prinzip wie bei Samuel Beckett oder bei Thomas Bernhard. Zwischendurch gehen die Figuren an die Bühnenränder und erstarren. Diese mechanischen Menschen sind keine Avatare wie bei Susanne Kennedy, aber auch keine psychologisch motivierten Figuren aus der naturalistischen Tradition. In ihnen verschmilzt das soziale mit dem theatralen Rollenspiel."

 

"Rádóczy hat gut daran getan, auf eine Deutung, auf Eindeutigkeit zu verzichten und der Fabel ihre Rätselhaftigkeit, ihr Geheimnis zu belassen. Das Theater des Absurden, das einerseits die Welt als absurde empfindet, andererseits die Absurdität als Verfahren nutzt, ist aus der Mode gekommen. Mit dem Freiburger "Würgeengel" kehrt es auf Umwegen auf die Bühne zurück. Und siehe da: es erweist sich als aktueller denn je."

nachtrktik.de

 

(...) Wiederholungen, sie sind ein probates Mittel, um das endlose Dehnen der Zeit in dieser geschlossenen Gesellschaft quasi körperlich ins Publikum zu übertragen. Und es gelingt anfangs auch, etwa wenn die geladene Operndiva (Janina Staub) ihre Arienschleifen mittels Kampfkoloraturen geradezu schmerzhaft in die Gehörgänge tätowiert. Das funktioniert auch, weil der Liedtext den einzigen Köder auswirft, worum es in dem Stück womöglich gehen könnte: Das Gefühl, sein Leben für eine launische Wohlstandgarantie zu verschwenden, gegen das die stimmgewaltige Kunst doch mit allen Fasern anschrillen müsste, oder? Klugerweise lässt die Regisseurin, statt solche Fragen zu beantworten, das Thema später in einer der besten Szenen noch einmal vom Ensemble chorisch aufgreifen. Ein gelungener Moment, in dem Choreographie, Timing und Unbestimmtes schön ineinandergreifen.

Badische Zeitung

 

 

 

 

 

 

 Alle Bilder © Laura Nickel