blanka rádóczy / regie & bühne
Phonecall to Hades (UA)
eine Komposition von Cathy van Eck
Festival für zeitgenössisches Musiktheater München
2016
Andromahi Raptis/Elisabeth Marshall © Franz Kimmel
Bavo Orroi/Andromahi Raptis/Elisabeth Marshall © Franz Kimmel
Bavo Orroi/Andromahi Raptis/Elisabeth Marshall © Franz Kimmel
Andromahi Raptis/Elisabeth Marshall © Franz Kimmel
Die Stimme als ein Phänomen des Übergangs steht im Zentrum nächtlicher Ereignisse. Stimmen bewegen sich zwischen Körper und Geist, Sinnlichem und Sinn, Affekt und Intellekt. Was passiert, wenn sich die Stimme vom Körper ablöst - wie es mittels technischer Medien perfektioniert wurde?
Im 19. Jahrhundert hatten die körperlosen Stimmen aus dem neuartigen Phonographen eine enorme Anziehungskraft: man konnte nun scheinbar die Stimmen der Toten konservieren und erneut vergegenwärtigen. Selbst der Forscher Thomas Edison arbeitete an einem Gerät zur Kommunikation mit dem Jenseits. Doch trotz des enormen wissenschaftlichen Fortschritts liegt die Schwelle zwischen Leben und Tod nach wie vor außerhalb unserer Imagination und Möglichkeit. Der Zugang ist allein den Sagengestalten unserer mythologischen Narrative vorbehalten. Und auch in der Orpheuserzählung ist es die Stimme, welche den Weg zu den Toten ebnet.
Die Stimmen des allabendlich an der Isar erklingenden Kunstgesangs werden nach und nach technisch modifiziert - nur Spuren der singenden Körper bleiben zurück. Die stimmlichen Transformationen sprechen wie aus anderen Welten zu uns. Es beginnt ein Spiel von Ver- und Entdecken, An- und Abwesenheit.
Komposition: Cathy van Eck
Regie: Blanka Rádóczy
Dramaturgie: Isabelle Kranabetter
Mit Androhmahi Raptis, Elisabeth Marshall und Bavo Orroi
"In Phone Call to Hades mit Musik der in Zürich lebenden Komponistin Cathy van Eck (Isabelle Kranabetter, Dramaturgie; Blanka Radoczy, Regie; Claudia Irro, Kostüm) stand die menschliche Stimme im Zentrum. In einem etwas gruseligen, geführten Parcours entlang lauschiger Isarauen zu spät nächtlicher (und regnerischer) Stunde folgte man den Pfaden von drei klassisch geschulten Sängerinnen und Sängern. Während ihr Kostüm Mythos und Sagenwelt evozierte, huschten sie zuerst durch Waldabschnitte, um sich später zu bizarren musikalischen Dialogminiaturen zu begegnen, in denen vogelstimmähnliche Gesangsmotive, technische Transformation und eingespielte Stimmsamples sich verschränkten. Spielte das Stück auf die unsichere Verortung von Stimmen zwischen Dies- und Jenseits an, die der Phonograph im 19. Jahrhundert auslöste, so verwischten sich tatsächlich die Grenzen zwischen Original und Verfremdung zunehmend, verstärkt durch die visuelle Verunklarung im nächtlichen Dunkel."
"Zwei Frauen stehen in silbrig glänzenden Mänteln zwischen den Bäumen an der dunkel und bedrohlich rauschenden Isar. Sie singen lange Haltetöne, in der Ferne knistert ein Lautsprecher. Die Radfahrer, die hier sonst im Expresstempo vorbeirauschen, werden durch das stumm staunende Publikum zum Halten gezwungen, mancher bleibt dann gebannt vor der rätselhaften Szene hängen: "Phone Call to Hades" ist ein Anruf in der Unterwelt, eine ferne Erinnerung an den Sänger Orpheus und dessen gleich zweimal tödlich endender Liebesgeschichte."